6 Fakten, über die ich auf Sardinien gestolpert bin
Vorrangig für einen Kite-Urlaub hat es mich mit einer Freundin aufgrund der guten Windstatistik nach Sardinien verschlagen. Angekommen in Alghero im Nordwesten der Insel sind wir im Uhrzeigersinn einmal um die Insel gereist.
Und ich stelle fest…
Fakt 1: Sardinien ist kurvig. Seeehr kurvig. Und Andrea ist eine schlechte Beifahrerin. Zugegeben… keine besondere Erkenntnis, bringt mich aber zu
Fakt 2: Am 8. Tag unserer Reise musste eine Beifahrer-Pause von all den Kurven eingelegt werden. Zugleich bin ich dem „call of nature“ gefolgt und so im Korkeichen-Hain gelandet. Na guck. Was eine Freude! Zum ersten Mal sehe ich selbst, wo genau eigentlich Kork herkommt! Erst einmal ein skurriler Anblick so einen geschälten Baum zu sehen. Denn Kork ist letztendlich die Rinde des Baumes. Ab dem Halt am Korkeichen-Hain hab ich gefühlt nur noch Korkeichen auf der ganzen Insel gesehen. Das hat mich neugierig gemacht und nach ein wenig Recherche möchte ich Dir diesen faszinierenden Baum ein wenig näher bringen. Passend zu meinem Thema weiß ich nun, dass er viel mehr Aufmerksamkeit verdient, als man vielleicht erwartet.
Die Korkeiche
- wächst vorwiegend im westlichen Mittelmeerraum
- wird über 400 Jahre alt
- beerntete Bäume dagegen nur 150-200 Jahre alt
- in der Zeit liefert ein Baum 100-200 kg Kork
- Portugal ist größtes Anbaugebiet und liefert mehr als 50% des Korks
- allein zwei Drittel der Einnahmen durch Naturkork werden anhand von Weinkorken erwirtschaftet
Die Ernte
- die Kork-Rinde wird mit viel Erfahrung mittels einer Axt vom Baum geschält ohne den Stamm zu beschädigen
- nach 25 Jahren darf das erste Mal geerntet werden
- min. 9 Jahre später ist eine erneute Ernte möglich
- erste Ernte „männlicher Kork“ mit Rissen
- ab zweiter Ernte „weiblicher Kork“, der qualitativ hochwertiger und elastischer ist
„Symbol für Nachhaltigkeit!“
- sie bindet und filtert jährlich 14 Mio. Tonnen CO2, was dem Jahresausstoß von 4 Mio. Autos entspricht
- wertvoll für das gesamte Ökosystem
- zu 100% ein natürlicher Rohstoff ohne Zusatzstoffe
- zu 100% recyclebar
Schon in der Antike wusste man die besonderen Eigenschaften des Korks für Flaschenverschlüsse und Schuhsohlen zu schätzen. Es ist nicht nur leicht, isolierend, schall- und vibrations-dämmend, sondern auch wasser- und feuerfest.
Heutzutage werden die Weinkorken aus der Rinde gestanzt. Die restliche Rinde, sowie Korken aus Sammelstellen werden zu Korkgranulat geschreddert und zu weiteren Korkprodukten weiterverarbeitet. So auch als Baustoff.
Mir ist die letzten Jahre schon aufgefallen, dass ich mehr und mehr Plastikkorken aus den Flaschen ziehe. Oder sie sind mit normalen Blech-Schraubverschlüssen versehen. Eine schlechte Entwicklung, nicht wahr?
Ein Rückgang der Korkeichenbestände würde die Artenvielfalt und das Ökosystem gefährden. Dabei ist es ein so toller natürlicher Rohstoff einer lebenden Quelle.
Ich für meinen Teil werd mich nun umso mehr über Korken in der Flasche freuen. Werd sie weiterhin fleißig zum Recyceln bringen oder das ein oder andere für Daheim daraus schaffen. Schau auf meiner Pinnwand vorbei und sieh die vielen Ideen für Zuhause.
Mehr Infos zu Kork findest Du übrigens auch hier.
So, nun weiter mit der Reise. Ähm ja. Wär schön, aber ich stolper in der Haltebucht direkt über Fakt 3: Sardinien ist ganz schön vollgemüllt. Nirgends war mir der Müll so auffällig und präsent wie da. Was jetzt nichts zu heißen hat. Ich hab sicher noch nicht allzu viel von der Welt gesehen. Aber wo man auch ist… am Parkplatz, innerhalb und außerhalb der Ortschaften, bei Sehenswürdigkeiten, am Strand. Es ist schon schwierig überhaupt Müllbehälter ausfindig zu machen. Selbst da, wo man sie wirklich erwartet. Keiner in Strandnähe, an der Promenade, keiner vorm Supermarkt. Und wenn man mal einen sieht, scheint er ewig nicht geleert und läuft mit Streu-Umfang von mehreren Metern über. Hm. Vor 20, 30 Jahren soll das noch schlimmer gewesen sein. Ich möcht gern wissen, wie da die Müllwirtschaft betrieben wird. Weiß da jemand besser Bescheid?
Besonders traurig hat mich der Anblick des Strandes bei Rena Majore im Nord-Osten gemacht. Da war wirklich allerhand Plastikmüll angespült. Bei nur einem Griff in den Sand, hatte ich etliche Plastikpellets in der Hand.
Dank dieser Doku (ab Minute 23:30) weiß ich überhaupt, was es war. Ich würde Dir gerne ans Herz legen, die Doku komplett anzuschauen. Ich find, sie veranschaulicht sehr gut, dass die Auswirkungen des Plastiks im Meer uns selber gefährden. Nein, nicht nur die Tiere, die mit vollem Magen sterben. Neue Aspekte, wie wir direkt betroffen sind. Wenn uns das nicht endlich aufwachen lässt, dann weiß ich auch nicht.
Tralala… wie bekomm ich nun nach so düsteren Ansichten den Bogen zu weiteren positiven Dingen, die das Land zu bieten hat?
Was sagte ich noch? Ich lass mich gerne treiben und genieße den Weg zum Ziel?! Wir haben wirklich wenig geplant. Wir wollten flexibel sein und immer da, wo gerade der beste Wind ist. Diese Flexibilität hatten wir in diesem Oktober wirklich bitter nötig. Und nachdem wir endlich mal einen erfolgreichen Kite-Tag hatten, kam verhältnismäßig spät das tägliche Abenteuer auf uns zu. Wo schlafen wir heute Nacht?
So sind wir nicht weit von unserem Surf-Spot (Porto Pino) in einem verschlafenen Nest gelandet, ohne Aussicht auf eine Unterkunft. Also haben wir Anwohner auf der Straße angesprochen, ob die was wüssten. Hach, ich mag die Sarden. Sie waren ausnahmslos von Anfang an so aufgeschlossen und hilfsbereit. Ein Telefonat später und schon fanden wir uns im Konvoi wieder, wie sie uns ein paar Kilometer weiter ins nächste Dorf geleiteten. Mittlerweile schon sehr dunkel am Abend, sind wir so bei Anna & Pepino in Giba gelandet. Langjährige Bekannte unserer Guides. Die Begrüßung war einfach superschön mit anzusehen. Natürlich mit Küsschen bei den Italienern. Und soooo freudig, herzlich, lachend, laut, durcheinander quatschend und mit so einem ehrlichen Strahlen in den Augen. Herrlich! <3
Anna & Pepino betreiben Landwirtschaft und beleben ihr Gut zusätzlich mit Agriturismo. Wir sind umgeben von Weinranken und Myrtenbeeren. Die Melonensaison ist grad vorbei und auf dem benachbarten Feld schauen wir über die Schulter, wie grad Stecklinge der Erdbeerpflanzen in die Erde kommen. Wir werfen einen Blick in die Gewächshäuser, wo sich die Auberginen-Pflanzen hochranken. Wenn sie geerntet werden, versorgen sie laut Pepino ganz Sardinien. Am Abend wird uns selbst hergestellter Myrte-Likör eingegossen. Lecker!!!
Also Fakt 4: Auf Sardinien kann man ganz wunderbar persönlich, authentisch und nachhaltig Unterschlupf finden. Man ist direkt auf dem Hof untergebracht und hat so Einblick in deren Landwirtschaft. Auf den Tisch kommt, was die Ernte bringt. Authentisch und frisch. Agriturismo nennt sich dieses Modell und ist nicht nur auf Sardinien beliebt.
Seit dem Besuch dort steht übrigens Spanisch zu lernen auf meiner To-Do-Liste. Anna & Pepino sprachen nur italienisch und der Kopf meiner Freundin rauchte. Zumindest hatte sie den großen Vorteil vom Spanischen einiges ableiten zu können. Mit Händen und Füßen hab ich versucht was ging, stand aber ziemlich oft ziemlich ahnungslos da. Erstaunlich, wie viel wir dennoch trotz der Sprachbarrieren erfahren konnten. Meine Freundin war der Hammer! Keine Italienisch-Kenntnisse? Egal. Man mischt deutsch-, englisch- und spanisch-Kenntnisse, erfindet so ein Mischmasch-Wort, setzt hinten einen Vokal dran, so dass es italienisch klingt, gestikuliert wild dazu und schon passt das mit der Kommunikation. Einfach nur geil! :D
Unser Gastvater Pepino war, mit 74 Jahren, 18 Jahre älter als seine Anna. Topfit. Das bringt mich zu Fakt 5: Weiter im Norden, in der sardischen Provinz Nuoro, leben die meisten über 100-jährigen. Es gibt keine schlüssige Erklärung warum gerade dort. Die Vermutungen fallen auf die gesunde Ernährung, das gute Klima, die harte Arbeit bis ins hohe Alter und deren ausgeprägtes Familien- und Sozialleben. Damit sind sie nicht nur überdurchschnittlich alt, sondern auch geistig und körperlich fit.
Abgesehen von dieser geballten hohen Altersdichte auf Sardinien, leben übrigens durchschnittlich die ältesten Menschen in Japan, auf einer Inselgruppe südlich von Japan im Bezirk Okinawa. Laut einer Studie ist es dort auf deren Trinkwasser, dem Korallenwasser, zurückzuführen.
Es gibt auch noch einen 6. Fakt: Hobby-„Andiana Jones“ ist auf Sardinien voll auf Ihre Kosten gekommen. Überall auf Sardinien verstreut finden sich die prähistorischen „Nuraghe„-Turmbauten und Riesengräber, darunter allein etwa 7.000 Naraghen-Türme. Das sind etwa 2,7 Nuraghen auf 10 km². Die nuraghische Kultur hatte ihre Anfänge in der mittleren Bronzezeit (1600 v. Chr.) und dauerte ca. ein Jahrtausend bis zur Ankunft der Karthager 600 v. Chr. Superspannend! Die Nuragher haben zwar keine schriftlichen Aufzeichnungen hinterlassen, aber archäologische Funde geben mehr und mehr Aufschluss über ihre Lebensweise, deren Grundlage die Nutzung des natürlichen Lebensraumes war. Und weil die Stätten so häufig gestreut sind, waren wir nicht selten dabei im schneckenartigen Gang einen Turm hochzusteigen oder uns durch den Eingang eines Riesen-Grabs zu robben. Dank Nebensaison war ich glücklich am letzten Tag quasi eine private Führung am Grab von Arzachena (erstes Bild) zu bekommen. So konnte ich den Archäologen mit meinen Fragen löchern. Pefekt!!! =)
Trotz guter Windstatistiken ist der Oktober wohl doch nicht immer ein guter Kite-Monat. Das kann aber eine gute Reise nicht aufhalten!
hallo…ich stieß zufällig auf deinen Blog und fand ihn bezüglich Sardinien super…ich lebe hier seit 9 Jahren, hab aber noch was dazu gelernt und teils (was den Plastikmüll betrifft) sprichst du mir aus dem Herzen…liebe Grüße Belinda
Hallo Belinda,
ich freu mich, dass Du meinen Blog entdeckt hast und danke für Deinen netten Kommentar!
Schön zu hören, dass Du sogar auf Sardinien wohnst! Ich hoffe, dass sie das Müllproblem noch besser geregelt bekommen… zumindest Innland, was sie selbst in der Hand haben, abgesehen von dem, was leider zu Hauf angespült wird.
Eine Freundin ist auch glückliche Sardinien-Urlauberin und gerade wieder dort!
Damit liebe Grüße von mir zu Dir nach Sardinien!
Andrea