Madeira & The Green Key: was hat es damit auf sich?
Ende des Jahres war ich mit meiner Ma im schwimmenden Garten im Atlantik – Madeira. Den Namen kann ich bestätigen. Madeira ist eine wunderschöne grüne, blühende und vielseitige Insel. Die beste Reisezeit, wenn die meisten Pflanzen in Blüte stehen, ist übrigens Mai/Juni. Uns lag es daran, den Sommer zu verlängern, bevor es in Deutschland kalt wurde.
Entgegen meiner üblichen Urlaube, wo ich es gewohnt bin jeden Tag an einem anderen Ort zu verbringen und es mich spätestens nach zwei Tagen wieder auf die Straße zieht, haben wir hier eine Woche wohl umsorgt im gleichen Hotel verbracht. Das Hotel war mit dem „Green Key“ ausgezeichnet – dazu aber später mehr.
Hoffnungen erfüllt
Gleich am ersten Tag nach der Erkundungstour unseres neuen Domizils, waren alle Hoffnungen auf Treibholz mehr als erfüllt. Nach wenigen Kletterminuten über den Steinstrand konnte ich einen Beutel voll wunderschöner Hölzer sammeln.
Im Nachhinein habe ich erfahren, Madeira kommt vom portugiesischen Wort „madeira“ und bedeutet „Holz“. Volltreffer ;)
Und wie das dann so ist, kam am nächsten Tag gleich ein Typi ins Hotel, um allen Neuangereisten mögliche Touren schmackhaft zu machen.
Sagt mal, läuft das immer so? Und wie das dann so ist, haben wir auch eine Tour gebucht. Ok, zwei. Eine Tour durch den Osten der Insel und eine geführte Wanderung. Den Vorschlag einen Mietwagen zu nehmen und alles auf eigene Achse zu erkunden, musste ich mir schnell wieder ausreden lassen… „nein, Kind, das ist viel zu gefährlich! Die Straßen sind so kurvig, die Schluchten so hoch. Du musst ja auch was sehen!“ Ok, ok, naaaaaaagut! :D
Die Bus-Tour durch den Osten der Insel war gemütlich hop on, hop off, immer in den Minibus zu den Sehenswürdigkeiten der östlichen Seite.
Dazu ein paar wenige Bilder…
Einen Programmpunkt mussten wir leider auslassen – Pico Ruivo, den, mit 1.862 m, höchsten Berg Madeira’s. Tatsächlich war dort an dem Tag schon Schnee gefallen und der Bus den Bedingungen nicht gewappnet. Das war sehr ungewöhnlich für Ende November, da die Madeirer höchstens im Januar mal mit Schnee rechnen. Dafür gabs aber einen Schnaps, zum Aufwärmen von innen quasi. Die Poncha ist ein Nationalgetränk, zu gleichen Teilen aus Zuckerrohrschnaps, Honig und Zitronensaft.
Von wohlig warm bis bitter kalt
Lustigerweise hat die Insel wirklich krasse Temperaturunterschiede. Nichtsdestotrotz herrschen das ganze Jahr über angenehme Temperaturen um die 20°C, es wird weder richtig heiß, noch richtig kalt. Während man aber den Tag mit T-Shirt und Sonnenbrille in Funchal verbringt, bekommt man schon ein ganz anderes Empfinden, wenn man mit der Seilbahn zum Ort Monte über Funchal hochfährt. Ganz zu Schweigen von tieferen Temperaturen und feucht-nassem Klima auf der Hochebene Paul da Serra (1278 m).
Dort hat uns nämlich die gebuchte Wanderung hingeführt. Die Wanderung wollten wir im Westen der Insel unternehmen und sind so auf den „25 Quellen“-Wanderweg gekommen. Ab dem Parkplatz von Rabaçal ging die 3,5-stündige Wanderung für 13 km los.
Das Gebiet gehört zu Recht zum Weltnaturerbe. Es gibt wunderschöne märchenhafte Wälder. Die Bäume formen Tunnel über den Wanderweg und es hängen Bartflechten hinab. Man geht an den künstlichen Wasserwegen, den Levadas, entlang. Darin schwimmen Forellen, nach wenigen Metern kommt immer mal ein kleiner Wasserfall und es tropft von Farn und Moos in die Levadas.
Die Levadas gibt es schon seit dem 15. Jahrhundert auf Madeira. Sie überziehen die ganze Insel und garantieren neben der Vulkanerde die enorme Fruchtbarkeit. Die landwirtschaftlichen Gebiete im Süden werden mit Regenwasser aus dem niederschlagsreichen Norden versorgt. Ein ausgeklügeltes System regelt die gerechte Verteilung und Bezugsdauer des Wassers. Dank Wasserkraftwerke wird die Insel zu 27% mit Strom durch die Levadas versorgt.
Wendepunkt der Wanderung war der große Wasserfall. Ich gebe zu… hätten wir die Wanderung alleine unternommen, wären wir nicht so ausdauernd gewesen und hätten wohl kaum die vielen Infos über Flora und Fauna mitgenommen. Die gebuchte Tour hat sich gelohnt.
An übrigen Tagen haben wir uns die Zeit in der Hauptstadt Funchal vertrieben. Highlight in Funchal ist die Altstadt mit schmalen Gassen und kunstvoll gestalteten Türen. Außerdem die Markthalle mit Blumen- Obst- und Fischhändlern. Wenn ihr mal auf Madeira seid, probiert in der Markthalle unbedingt all die außergewöhnlichen exotischen Früchte! Darunter die verschiedensten Maracuja-Kreuzungen mit Banane, Zitrone, Orange und sogar Tomate. Für Maracuja-Liebhaber wie mich, Obst-Freunde und Botaniker ein Paradies!!!
Ein weiteres Highlight ist die Fahrt mit der Seilbahn nach Monte. Naja, eigentlich ist es nicht die Fahrt nach Monte, sondern eher die Fahrt von Monte zurück in die Stadt. Das ist in Funchal DIE Touri-Attraktion, wenn man im Korbschlitten auf Holzkufen 2km über den Asphalt den steilen Berg hinunter rutscht. Entsprechend poliert glänzt die Straße. Das Ganze, gesteuert durch zwei Männer mit Tau und Bremsschuhen. Auch mal schön, die Ma ganz außer sich zu erleben, wenn die Steuermänner das Geschrei provozieren und einen Zusammenstoß mit der Mauer vortäuschen :D
Den Spaß solltet ihr euch nicht entgehen lassen!
Jetzt möchte ich noch auf unser Hotel zu sprechen kommen. Als, für gewöhnlich, Nicht-Hotel-Besucherin könnte ich unser Hotel wärmstens empfehlen. Ich bin bis zum Schluss überzeugt, dass wir nicht nur das beste Hotel, sondern auch das beste Zimmer erwischt haben. Einen Steinwurf entfernt war die „Waterkant“. Ich bin mit Meeresrauschen eingeschlafen und morgens, mit dem ersten Augenaufschlag, mit Meerblick aufgewacht. Im Bett sitzend waren nach links lediglich Strand, Palmen und der offene Ozean in meinem Sichtfeld. Grandios!
Am Abend konnten wir vom Buffet essen und es gab alles, was das Herz begehrt. Aufmerksamer Service, einfach top. Am Buffet ging es sehr „gesittet“ zu und es wurde nicht ohne Ende aufgeschaufelt. Die Teller gingen nicht mit, wenn überhaupt, vielen Essensresten zurück. Das ist leider allzu oft am Buffet ein echtes Unding und Problem, wie ich finde. Das ist mir also positiv aufgefallen. Aufgestoßen ist mir aber etwas anderes…
Am Hoteleingang glänzt ein Schild folgender Auszeichnung, die für jeweils ein Jahr vergeben wird…
Green Key – die Auszeichnung für Nachhaltigkeit in Hotels und Freizeitparks
„Green Key verfolgt 4 Ziele:
- Umwelt- und Nachhaltigkeitsbildung von Eigentümern, Mitarbeitern und Gästen
- Umweltschutz und Nachhaltigkeit durch Verringerung der Umweltbelastung der Einrichtung
- Kostenreduzierung durch ein wirtschaftliches Management (Verbrauchsreduzierung)
- Marketing-Strategie durch die internationale Bedeutung und Verbreitung des Eco-Labels Green Key“
Die Kriterien für Hotels kannst Du hier einsehen. Was die Kriterien sind, find ich echt interessant. Da kann man ja auch privat von profitieren. In der Liste muss der Antragsteller die Punkte mit „ja“ und „nein“ ankreuzen, es gibt aber auch optionale Kriterien.
Ein Häkchen konnte ich daran setzen, dass wir Hinweise erhalten haben, dass die Handtücher nur auf Wunsch gewechselt werden. Eher normal, oder?! Auch die Zimmerreinigung konnten wir abbestellen, wobei deren Ersparnis sogar mit dem Restaurant vergütet wurde als Dank. Der Strom ging beim Verlassen des Zimmers automatisch aus. Es gab gute Infos für öffentliche Verkehrsmittel und zusätzliche Shuttle-Angebote. Vieles betrifft das Management, wo der Gast einfach keinen Einblick hat.
Während des Essens ist mir dann aber aufgefallen, dass die Restaurant-Abfälle alle beisammen entsorgt wurden. Essensreste, Servietten, Draht, Korken, einfach alles. Das mochte ich gar nicht sehen. Zumal ich erst kürzlich durch eine andere Reise auf Korken sensibilisiert wurde. Warum war das so? Natürlich nimmt eine sorgsame Trennung im hektischen Restaurant-Betrieb mehr Zeit in Anspruch, aber wenn ich daran denke, wie viele Flaschen ausgerechnet in Hotels ausgeschenkt werden und damit sooooo viel Kork genau von dieser Stelle recycelt werden könnte, macht mich das echt nachdenklich. Wäre das nicht ein guter Punkt, der von Green Key als Kriterium festgelegt werden könnte?
Mehr Schein als Sein?!
Ähnliches habe ich im Zimmer erlebt. Zufällig waren wir anwesend als die Reinigungskraft klopfte und die Mülleimer leerte. Beispielhaft hatten wir einen Müllbehälter mit vier separaten Containern – für Plastik, Glas, Kompost und Papier. Doch was machte die Dame? Sie nahm den Plastikbeutel aus dem Badezimmer-Behälter und kippte einen Container nach dem anderen zusammen in den Beutel. Ich dachte echt, ich guck nicht richtig. Ich hoffe, das war ein Einzelfall. War die Dame durch unsere Anwesenheit gestresst, wollte nicht lange stören und schnell die To-Do’s erledigen? Also frag ich mich nun leider, wie die Kontrollen der Kriterien stattfinden. Oder ist alles mehr Schein als Sein?! :(
Einen Fragebogen zur Zufriedenheit gab es, einen optionalen Fragebogen zur Bewertung der Umweltaktivitäten nicht. Aber da hab ich mich im normalen Fragebogen ausgelassen… sorry, musste raus :D
Ich möchte auch gar nicht allzuviel herummeckern. Es ist ja super, dass es die Gesellschaft gibt und der Blick von Unternehmen und Gast auf die Nachhaltigkeitsaspekte gerichtet wird.
Das Beste kommt zum Schluss:
Meine Mama ist nicht nur die beste Mama von der ganzen Welt, sie hat auch noch das beste Stück Treibholz von der ganzen Welt gefunden!
Ich sag zwar oft „DAS ist das schönste Holz, das ich je gefunden habe“, vielleicht jedes Mal aufs Neue, aber die Begeisterung über dieses Stück Holz, hält bis heute an. Groß, massiv und schwer, mit ausgeprägter Form, wunderschön glatt und rundgeschliffen, mit feinen Verwirbelungen in der Maserung uuuuuund sogar mit einer Muschel behaftet! Da freu ich mich wie ein kleines Kind!
Noch nie bin ich mit so wenig Gepäck eine Reise angetreten und mit so viel mehr zurück!
Zieht’s euch nun auch nach Madeira?
Ward ihr schon mal in einem „Green Key“-Hotel? Was habt ihr für Erfahrungen gemacht?
Hey Andrea,
Madeira muss ich mir merken als Reiseziel! Tolle Landschaften und Maracujas, das klingt genau nach einem super Ziel für mich ;-)
Leider habe ich aber auch schon Ähnliches zum Thema „Mehr Schein als Sein“ erlebt. Ich war neulich in einem Hotel auf Kreta, das mit der blauen Flagge ausgezeichnet war. Allerdings war direkt neben dem Strand ein Kraftwerk, aus dem dicke Rauchschwaden aufgezogen sind und noch ein paar Meter weiter waren verfallene und vollgemüllte Hotelruinen. Ehrlich gesagt weiß ich jetzt zwar die Kriterien für die blaue Flagge nicht, aber vom Strand aus war der Anblick in die nähere Umgebung jedenfalls nicht gerade schön …
Allerdings denke ich auch generell, dass der Umwelt- und Ressourcenschutz in anderen Ländern leider nicht so ernst genommen wird wie in Deutschland, von daher wird man wohl auf Reisen eher auf solche Beispiele treffen.
Übrigens ist mir gerade der Bildschirm meines Laptops nach hinten umgeklappt (blödes altes Ding …) und erst dadurch habe ich bemerkt, dass dein Hintergrund ja gar nicht grau ist, sondern grau mit Muster! Vielleicht lässt sich da ja noch ein wenig Kontrast einstellen?! Oder es liegt einfach an meiner alten Möhre :-)
Viele Grüße
Christin
Hejhej Christin,
danke für deinen ausführlichen Kommentar zum Thema! :)
Wenn Deine Reise nach Madeira ansteht und Du noch Tipps brauchst, komm gern auf mich zurück. Bei den Maracujas kann ich Dir schonmal entweder die Ursprünglichen oder die Bananen-Kreuzung ans Herz legen. Bei denen hat man im Verhältnis zur Schale das meiste Fruchtfleisch… denn günstig sind die Früchte leider nicht. Aber so wahnsinnig lecker ;)
Danke auch für den Eindruck von deiner Kreta-Reise. Da war ich bisher auch noch nicht. Die Auszeichnungen wie „blaue Flagge“ und „Green Key“ machen es wenigstens messbarer, auch, wenn ich genau wie du, überzeugt bin, dass nicht jedes Land die Kriterien gleichermaßen erfüllen kann. Sicher ein absurder Anblick, wenn Nachhaltigkeit und Schädlichkeit so nah beieinander liegen, wie in deinem Kreta-Beispiel.
Zum Kraftwerk fällt mir spontan noch das Beispiel Gorleben ein. Das Atommüll-Endlager dort, brachte, wenn man so will, etwas Positives mit sich. Und zwar haben sich dort aus den Demonstrationen kreative Kunstaktionen entwickelt. Je mehr sich die Bevölkerung mit der lebensfeindlichen Technik auseinander gesetzt hat, desto vielfältiger und bewusster wurden die Leute in die entgegengesetzte Richtung. Der Zusammenhalt wuchs. So ist aus dem Protest die größte Kunst- und Handwerksausstellung im ländlichen Raum von Deutschland, die „kulturelle Landpartie“, entstanden. Eine spannende Entwicklung, wo auch Schaden und Nachhaltigkeit so nah beieinander liegen!
Guter Hinweis mit dem Hintergrundbild. Keine Sorge, deine alte Möhre ist gut in Schuss ;) Du hast Recht. Wenn ich den Bildschirm neige, wird das Bild bei mir auch deutlicher. Das ist so schade, dass man es nicht richtig erkennt. Ich mag das Bild so gerne mit den Regenbogen, Wolken, organischen Formen… passend zu meinem Blogthema. Ich versuch das zu verbessern! =)
Liebe Grüße
Andrea